[fzs-info] Rede von Klemens Himpele zum Europäischen Aktionstag

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, untenstehend erhalten Sie das Manuskript der Rede, die Klemens Himpele (AStA der Universität zu Köln und Geschäftsführer des Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren - beim fzs) heute auf der Kundgebung zum europäischen Aktionstag in Köln halten wird. Bei Rückfragen erreichen Sie Klemens Himpele unter der Mobilnummer 0171 - 8979690. Mit freundlichen Grüßen Colin Tück Vorstand des freien zusammenschlußes von studentInnenschaften ------ Rede von Klemens Himpele am 3. April 2004 in Köln Es gilt das gesprochene Wort Sperrvermerk: Samstag, 3. April. Beginn der Rede, spätestens 15 Uhr. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich bin entsetzt und begeistert: Entsetzt bin ich von der Politik von Rot-Grün und den noch skandalöseren Äußerungen von Schwarz-Gelb. Ich bin aber auch begeistert. Begeistert bin ich, dass europaweit mehrere hunderttausend Menschen dagegen auf die Straße gehen! Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Unwort des letzten Jahres hätte "Eigenverantwortung" sein müssen. Selten wurde ein Begriff so sinnentstellt wie dieser in den Parolen der rot-grünen Bundesregierung und in den Reden ihrer neoliberalen Geschwister in CDU und FDP: * Für die Rente soll eigenverantwortlich gespart werden, obwohl man auf den Kurswert der Anlagen gar keinen Einfluss nehmen kann. * Eigenverantwortlich soll man sich in den ersten Arbeitsmarkt integrieren, ohne Einfluss auf die angebotenen Jobs zu haben. * Eigenverantwortlich soll man sein Studium in der Regelstudienzeit abschließen, ohne Einfluss auf die Ausstattung der Hochschule zu haben. * Und eigenverantwortlich soll man sein, obwohl private Renten, Repressionen des Arbeitsamtes und Studiengebühren doch völlig unverantwortlich sind! Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Eigenverantwortungs-Propaganda dient nur der Verschleierung. Das Problem sind nicht verantwortungslose Bürgerinnen und Bürger. Das Problem ist eine falsche und fatale Politik! An den Hochschulen diverser Bundesländer werden jetzt Studiengebühren für einzelne Studierendengruppen eingeführt. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen, da schwadronieren Rote und Schwarze schon in gewohnter Eintracht über generelle Studiengebühren. Studiengebühren, liebe Kolleginnen und Kollegen, hätten eine einfache und zugleich tragische Konsequenz: Junge Menschen aus ärmeren und bildungsfernen Schichten hätten keine Chance mehr, an die Hochschule zu gehen. Dabei muss doch genau das Gegenteil davon das Ziel einer gerechten Politik sein: Das Studium darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig gemacht werden! Wenn nun Neunmalkluge aus dem neoliberalen Lager sagen, dass Akademiker schließlich auch mehr verdienen würden, dann dürfen wir uns davon nicht auseinander dividieren lassen. Zahlreiche Studierendenschaften haben immer wieder bekräftigt: Wer viel verdient, soll auch viel Steuern bezahlen! Dafür muss aber der Spitzensteuersatz angehoben werden, müssen Vermögen zur Steuer herangezogen werden! Wenn AkademikerInnen einen hohen Steuersatz bezahlen, weil sie viel verdienen, dann ist das voll in Ordnung. Nicht in Ordnung ist aber, wenn das Studium für diejenigen, die es schon heute mit Abstand am schwersten haben, weiter erschwert wird! Bildung ist nicht nur Investition in das eigene Humankapital im ökonomischen Sinne, sondern auch ein Menschenrecht - ein Menschenrecht auf freie Entfaltung und Emanzipation! Bildung ist ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis der Zusammenhänge unserer Gesellschaft. Dieser Schlüssel, dieser Eintrittsschein zur Emanzipation darf den Menschen aus benachteiligten Schichten nicht vorenthalten werden. Bildung muss stattdessen Benachteiligungen abbauen helfen. Liebe KollegInnen, in NRW wird derzeit darüber diskutiert, wie man die demokratischen Rechte der Hochschulmitglieder weiter einschränken kann. Diskutiert wird von den herrschenden Kreisen, wie man die demokratische Kontrolle durch die Kontrolle der Hochschulleitungen und der privaten Kapitalgeber ersetzen kann. Auch dies Entdemokratisierung ist ein gesamtgesellschaftlicher Prozeß. Uns soll "Alternativlosigkeit" eingeredet werden. Uns soll glauben gemacht werden, dass die Schweinereien der Regierung gerechtfertigt seien. Dieses falsche Spiel machen wir aber nicht mir. Vielmehr rufen wir der Bundesregierung entgegen: Es ist Aufgabe der Politik, nach sozial gerechten Alternativen zu suchen. Wenn es die nicht gäbe, dann würden Wahlen ihren Sinn verlieren und dann könnte man einen Sachzwang-Verwalter einstellen. Der angebliche Sachzwang ist hausgemacht und politisch gewollt. Deutschland ist als Volkswirtschaft heute so reich wie nie zuvor! Die öffentlichen Kassen sind nicht wegen der RentnerInnen und der Kranken leer; sie sind auch nicht wegen der Arbeitslosen leer; und sie sind auch nicht wegen der so genannten Langzeitstudierenden leer. Nein! Leer sind sie wegen der falschen Politik der rot-grün-gelb-schwarzen neoliberalen Einheitspartei Deutschlands! Geld ist genug da, es ist nur in den falschen Taschen. Reicher wurden die Spitzenverdiener, indem man ihnen zusätzlich zur Senkung des Eingangssteuersatzes auch noch die Senkung des Spitzensteuersatzes nachgeworfen hat. Reicher wurden auch die Aktiengesellschaften, die bei der Körperschaftsteuer und bei Aktiengewinnen massiv entlastet wurden. Ärmer werden die Armen, die Kranken, die Alten, die ArbeitnehmerInnen und viele Studierende. Diese müssen zuzahlen: durch Gebühren in Arztpraxen, durch Einbußen beim Arbeitslosengeld, durch Rentensenkungen, durch Studiengebühren! Und all das in einem Umfeld von Angst, Druck und Repression! Wo auf der einen Seite der Spitzensteuersatz gesenkt wird, gibt es auf der anderen Seite über 1 Million Kinder in Armut! Und das in einem reichen Land wie Deutschland! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir demonstrieren hier und heute zusammen, um zu zeigen: ArbeitnehmerInnen, Arbeitslose, SozialhilfeempfängerInnen, RentnerInnen, Kranke und Studierende lassen sich nicht auseinander dividieren, weder von der Regierung, noch von der Opposition, die die Schweinereien der Bundesregierung noch potenzieren will. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das neoliberale System ist krank und macht krank, es ist kaputt und macht kaputt! Deshalb muss dieses System weg. Her muss stattdessen eine freie und gerechte Gesellschaft! -- |freier zusammenschluß von studentInnenschaften Vorstand| |Colin Tück colin@fzs-online.org| |Reuterstr. 44, 53113 Bonn http://www.fzs-online.org| |Telefon: 0228 262119 Fax: 0228 262119 Mobil: 0173 9896010| _______________________________________________ fzs-info mailing list fzs-info@fzs-online.org http://www.fzs-online.org/mailman/listinfo/fzs-info
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